mit Experten Edgar Kälin vom gleichnamigen Ingenieurbüro
Höre die Podcast Folgen und hinterlasse Kommentare
Zusammenfassung
In dieser Podcast Concretely Episode wird der Ultra Hochleistungs Faserverbund Baustoff (UHFB) – auf Englisch Ultra High Performance Fiber Reinforced Compound (UHPFRC oder UHPC) – vorgestellt, der die Bauwerkserhaltung revolutioniert. Edgar Kälin, Geschäftsführer des gleichnamigen Ingenieurbüros, hat den Baustoff bereits unzählige Male eingesetzt und erläutert die technischen Eigenschaften, Vorteile und Anwendungsgebiete von UHFB. Zudem wird die Marktakzeptanz und die Herausforderungen für Ingenieure besprochen, die mit diesem innovativen Baustoff arbeiten möchten. Es wird diskutiert, wie UHFB in der Zukunft breiter eingesetzt werden könnte, insbesondere bei der Instandsetzung älterer Bauwerke. Abschließend wird die Notwendigkeit betont, Ingenieure und Bauherren von den Vorteilen dieses Materials zu überzeugen.
Was ist UHFB?
Ultra-Hochleistungsfaserverbundbaustoff (UHFB), im Englischen bekannt als Ultra-High-Performance Fiber-Reinforced Concrete (UHPFRC), revolutioniert das Bauwesen. Mit seinen außergewöhnlichen Eigenschaften wie hoher Druckfestigkeit, Wasserundurchlässigkeit und extremer Abriebfestigkeit bietet UHFB eine nachhaltige Alternative für die Instandsetzung, Verstärkung und Abdichtung von Bauwerken.
Obwohl UHFB oft mit Beton verglichen wird, unterscheidet er sich deutlich: Es handelt sich um einen Hochleistungsverbundstoff mit einem hohen Anteil an Stahlfasern, der speziell entwickelt wurde, um die Schwächen herkömmlicher Materialien zu überwinden. Mit über 500 Anwendungen allein in der Schweiz hat UHFB bereits bewiesen, dass es ein unverzichtbarer Bestandteil moderner Bauprojekte ist.
Technische Vorteile von UHFB
UHFB vereint eine Vielzahl von herausragenden Eigenschaften, die ihn zu einem bevorzugten Material in der Baubranche machen:
• Extreme Festigkeit: Eine Druckfestigkeit von 120 bis 150 N/mm² (im Vergleich zu 30–35 N/mm² bei herkömmlichem Beton).
• Wasserundurchlässigkeit: UHFB enthält keine Kapillarporen und durch die Stahlfasern werden Schwindrisse vermieden. Mindestbewehrung ist dadurch auch nicht nötig. Das macht UHFB auerhaft wasserdicht – ideal für Bauwerke, die extremen Wetterbedingungen oder anderen Expositionen ausgesetzt sind.
• Abriebfestigkeit: Die robuste Oberfläche ermöglicht den Einsatz ohne zusätzliche Beschichtungen oder Beläge.
• Beständigkeit gegen Schadstoffe: UHFB ist resistent gegen Chloride, CO₂ und andere chemische Einflüsse, wodurch Korrosion nahezu ausgeschlossen ist.
• Brandbeständigkeit: Durch die Zugabe von Polypropylenfasern wird das Abplatzen im Brandfall verhindert, was ihn für Bauwerke mit hohen Brandschutzanforderungen geeignet macht.
Diese Vorteile ermöglichen den Einsatz von UHFB in anspruchsvollen Projekten wie Brücken, Tiefgaragen oder denkmalgeschützten Bauwerken.
Beispiele für Praktische Anwendungen im Bauwesen
UHFB bietet vielseitige Einsatzmöglichkeiten, von der Verstärkung bestehender Strukturen bis hin zur Entwicklung innovativer Verbundkonstruktionen. Hier einige Beispiele:
1. Verstärkung bestehender Bauwerke
UHFB ermöglicht die Verstärkung von Betonplatten, ohne die Nutzung der Bauwerke einzuschränken. Ein Beispiel ist die Durchstandsverstärkung einer Tiefgarage, bei der der Baustoff auf die bestehende Platte aufgebracht wurde. In einem anderen Projekt wurde UHFB direkt von unten in die Decke eingepumpt, um eine schwache Tragstruktur zu sichern.
2. Denkmalgeschützte Brücken
Eine 110 Jahre alte Brücke im Emmental wurde mit UHFB verstärkt, nachdem sie wegen Einsturzgefahr gesperrt worden war. Die Instandsetzung war nicht nur deutlich kostengünstiger als ein Neubau, sondern vermied auch 80–90 % der CO₂-Emissionen. Dank UHFB konnte die Brücke ihre historische Substanz bewahren und gleichzeitig modernen Verkehrsanforderungen gerecht werden.
3. UHFB-Holz-Verbundkonstruktionen
Ein besonderes Highlight ist die Kombination von UHFB mit Holz. Zwei Schwerlastbrücken in der Schweiz wurden mit Brettschichtholzträgern und einer UHFB-Platte gebaut. Diese schlanken Konstruktionen tragen Lasten von bis zu 40 Tonnen und erfordern keine Abdichtung oder zusätzlichen Asphaltbelag.
4. Direktbefahrbare Fahrbahnen und Treppen
UHFB eignet sich auch für direktbefahrbare Straßenbeläge, bei denen auf Asphalt verzichtet wird. Eine innovative Anwendung ist eine 8 cm dünne UHFB-Treppe, die durch ihre Ästhetik und Stabilität den Bauherrn nachhaltig beeindruckte.
Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit
Trotz eines höheren Materialpreises (etwa 20-fache Kosten von herkömmlichem Beton pro Kubikmeter) zeichnet sich UHFB durch langfristige Wirtschaftlichkeit aus:
1. Reduzierter Materialverbrauch: Die hohe Festigkeit ermöglicht schlanke Konstruktionen, die weniger Material erfordern.
2. Vermeidung von Abriss: Die Sanierung bestehender Bauwerke mit UHFB spart Ressourcen und schont die Umwelt.
3. Längere Lebensdauer: Dank seiner Beständigkeit gegen Wasser und Schadstoffe bleibt UHFB über Jahrzehnte hinweg wartungsarm.
Ein Nachhaltigkeitsvergleich bei einer denkmalgeschützten Brücke zeigte, dass der Ressourcenverbrauch im Vergleich zu einem Neubau um 99 % geringer war. Solche Zahlen unterstreichen die Vorteile von UHFB für eine ressourcenschonende Bauweise.
Herausforderungen und Empfehlungen für Ingenieure
Die Anwendung von UHFB erfordert ein präzises Verständnis des Materials. Edgar Kälin, Geschäftsführer eines Ingenieurbüros in der Schweiz, betont:
• Schulung ist essenziell: Verarbeiter müssen speziell geschult werden, da UHFB eine dickflüssige Konsistenz hat und nicht wie herkömmlicher Beton behandelt werden kann.
• Materialanpassung je nach Projekt: UHFB kann in unterschiedlichen Konsistenzen (von honigdick bis dünnflüssig) verwendet werden.
• Unterstützung durch erfahrene Lieferanten: Der Erfolg eines Projekts hängt oft von der Expertise der Materiallieferanten ab.
Kälin empfiehlt Ingenieuren, zunächst mit kleinen Projekten wie Abdichtungen oder Verstärkungen zu beginnen, um sich mit den Eigenschaften des Materials vertraut zu machen.
In Zukunft könnte sich UHFB zu einem eigenständigen Spezialgebiet innerhalb der Bauingenieurwissenschaften entwickeln – ähnlich wie Stahl- oder Holzbau heute. So wird UHFB nicht nur bestehende Bauwerke sicherer machen, sondern auch neue Wege für nachhaltiges Bauen eröffnen.
Zukunft von UHFB
UHFB wird Beton nicht ersetzen, aber als hochspezialisiertes Material für nachhaltige Bauprojekte weiter an Bedeutung gewinnen. Besonders im Bereich der Instandsetzung alter Brücken und Bauwerke aus den 1960er- und 1970er-Jahren gibt es großes Potenzial.
In Zukunft könnte sich UHFB zu einem eigenständigen Spezialgebiet innerhalb der Bauingenieurwissenschaften entwickeln – ähnlich wie Stahl- oder Holzbau heute. So wird UHFB nicht nur bestehende Bauwerke sicherer machen, sondern auch neue Wege für nachhaltiges Bauen eröffnen.
Fazit
UHFB ist mehr als ein Baustoff: Es ist eine Lösung für die Herausforderungen der modernen Bauindustrie. Seine einzigartigen Eigenschaften und seine Vielseitigkeit machen ihn zu einem unverzichtbaren Werkzeug für Ingenieure, die nach nachhaltigen und innovativen Lösungen suchen.
Von der Sanierung denkmalgeschützter Brücken bis hin zu neuen Konstruktionen bietet UHFB Möglichkeiten, die herkömmliche Materialien nicht leisten können. Für Ingenieure, die bereit sind, den nächsten Schritt zu gehen, stellt UHFB eine spannende und zukunftsweisende Perspektive dar.