Dirk Proske in Podcast Concreley zum Thema Brückeneinstürze: Arten, Risiken, Häufikgeit und Einfluss Klimawandel und Brückenalter in der Zukunft

Brückeneinstürze – Ursachen und Häufigkeit

mit Professor Dirk Proske von der Berner Fachhochschule.

Brückeneinstürze DACH Raum

Zusammenfassung

Brückeneinstürze sind ein komplexes Phänomen, das durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst wird, darunter Materialalterung, konstruktive Fehler, Naturkatastrophen und klimatische Veränderungen. Die Art der Brücke und die verwendeten Materialien spielen eine wesentliche Rolle in ihrer Lebensdauer und Anfälligkeit für Schäden. In der Zukunft werden Fachwissen und internationale Zusammenarbeit entscheidend sein, um die Sicherheit und Langlebigkeit von Brücken in einer sich verändernden Umwelt zu gewährleisten.

Einsturzursachen von Brücken aus verschiednen Publikationen. Quelle: Einsturzhäufigkeit von Brücken - Dirk Proske
Einsturzursachen von Brücken aus verschiednen Publikationen. Quelle: Einsturzhäufigkeit von Brücken - Dirk Proske

Brückenarten

  1. Holzbrücken: Eine der ältesten Brückenarten, die vor allem in der Antike und im Mittelalter verwendet wurden. Gewinnt wieder an Beliebtheit.
  2. Steinbrücken: Bekannt aus der Römerzeit, oft in Form von Gewölbebrücken.
  3. Stahlbrücken: Populär seit dem 19. Jahrhundert, insbesondere für Eisenbahnstrecken.
  4. Verbundbrücken: Eine Kombination aus Stahlträger und Betonplatte. Beliebt Anfang des 20sten Jahrhunderts
  5. Stahlbetonbrücken: Seit dem 20. Jahrhundert weit verbreitet, besonders in den 1960er und 1970er Jahren. Grössere Brücken üblicherweise vorgespannt. Zum Beispiel: Platten-, Plattenbalken- und Hohlkasten-Bauweise
  6. Hänge- und Schrägseilbrücken: Genutzt für sehr große Spannweiten.

Ursachen der Brückeneinstürze

  1. Hochwasser und fluviale Prozesse:
    • Häufigste Ursache, verantwortlich für etwa 50% der Brückeneinstürze.
    • Effekte: Auskolkung, Verklausung, Rinneverlegung, Muren
  2. Anpralle:
    • Schiffsanpralle (z.B. USA, Deutschland).
    • Fahrzeuganpralle (z.B. Eschede, Deutschland).
    • Eisenbahnanpralle.
  3. Materialermüdung und Alterung:
    • Besondere Gefahr für Stahlbetonbrücken aus den 1960er und 1970er Jahren. Ermüdung aber vor allem Auch bei alten Stahlbrücken. 
  4. Konstruktionsfehler und mangelnde Instandhaltung:
    • Fehlerhafte Bauweise oder unzureichende Wartung kann die Lebensdauer erheblich verkürzen.
  5. Naturkatastrophen:
    • Erdbeben, Stürme, Lawinen und Steinschlag können strukturelle Schäden verursachen.
  6. Menschliche Fehler:
    • Planungs- und Baufehler, sowie unsachgemäße Nutzung oder Instandhaltung. Überschreiten der zugelassenen Belastung bei Sondertransporten/ Bahnen. 

Häufigkeit und Veränderung über die Zeit

  1. Historische Entwicklung:
    • Brücken aus der Römerzeit: Langlebigkeit durch massive Steinbauweise.
    • 19. Jahrhundert: Vermehrte Nutzung von Stahl, jedoch einige Einstürze durch Materialermüdung.
    • 20. Jahrhundert: Stahlbeton wird dominierend, anfälliger für Schäden durch Chloride und schlechte Bauqualität.
  2. Aktuelle Trends:
    • Durchschnittliche Lebensdauer von Stahlbetonbrücken in Europa: 40-70 Jahre.
    • Brücken in Asien (insbesondere China): Schnellwachsender Bestand, teilweise geringere Lebensdauer durch schnelles Bauwachstum.

Zukunft durch Klimawandel

Temperatur und lokale Unterschiede: Höhere Temperaturen können zu Materialausdehnung und -kontraktion führen, was Spannungen im Bauwerk erzeugt. Dies wird jedoch (noch) nicht beobachtet. Hohe Temperatur kann aber auch mehr Wasser aufnehmen was zu Starkregen führen kann.

    • Starkregen: erhöht das Risiko von Hochwasser und fluviale Prozesse. Es gibt Anzeichen, dass sich durch den Klimawandel die Grösse und Häufigkeit der Hochwasser lokal (eg. zwischen zwei benachbarten Gemeinden) stärker unterscheiden.
    • Lawinen: Durch die Temperaturveränderungen könnten in bergigen Regionen Nassschneelawinen vermehrt zu Brückeneinstürzen führen.
Beispiele von Brückeneinstürzen
Die folgenden von Professor Dirk Proske erwähnten Beispiele zeigen die Vielfalt der Ursachen für Brückeneinstürze, von kriegsbedingten Überlastungen und mangelhafter Instandhaltung bis hin zu Unfällen durch Anprall und Naturkatastrophen:
  1. Brücke in Porto, Portugal (Napoleonische Kriege)
    • Ursache: Überlastung durch eine Verdichtung von fliehenden Soldaten und Pferden.
    • Opferzahl: Über 1.000 Tote.
    • Details: Die Brücke kollabierte, als napoleonische Truppen in die Stadt einrückten und eine große Menschenmenge die Brücke überquerte.
  2. Eisenbahnunfall in Eschede, Deutschland (1998):
    • Ursache: Anprall.
    • Opferzahl: Über 100 Tote.
    • Details: Ein ICE-Zug entgleiste und prallte gegen eine Brücke, was zu einem katastrophalen Einsturz führte
  3. Fußgängerhängebrücke in Indien:
    • Ursache: Überlastung und mangelhafte Instandhaltung.
    • Opferzahl: Etwa 140 Tote.
    • Details: Die Brücke stürzte ein, als sich zu viele Menschen darauf befanden, und die Brücke war vermutlich nicht ausreichend instand gesetzt
  4. Schraudenbach, Deutschland:
    • Ursache: Einsturz während des Baus.
    • Opferzahl: Keine genauen Angaben.
    • Details: Die Brücke stürzte während der Bauarbeiten ein.
  5. Bochum, Deutschland:
    • Ursache: Einsturz während der Instandsetzung.
    • Opferzahl: Ein Todesopfer.
    • Details: Einsturz während der Instandsetzungsarbeiten einer Brücke.
  6. Schiffsanprall in Krems, Österreich (2005):
    • Ursache: Anprall eines Schiffes.
    • Details: Ein Pfeiler der Brücke wurde um zwei Meter verschoben, was zu einem beinahe Einsturz führte. Der Zugführer konnte rechtzeitig anhalten.
  7. Schlammlawine in China (1980er Jahre):
    • Ursache: Anprall durch eine Schlammlawine.
    • Opferzahl: Ungefähr 200 Tote.
    • Details: Eine Schlammlawine zerstörte eine Brücke hinter einem Tunnel. Ein Zug fuhr durch den Tunnel und stürzte ab, da die Zerstörung der Brücke nicht rechtzeitig bemerkt wurde
  8. Passagierschiff gegen Eisenbahnbrücke in Russland (1980er Jahre):
    • Ursache: Anprall eines Passagierschiffs.
    • Opferzahl: Knapp 180 Tote.
    • Details: Ein Schiff prallte gegen eine Eisenbahnbrücke, wobei ein Kinosaal auf dem Schiff abgerissen wurde und viele Passagiere starben.

Fachkräfte und Wissenstransfer

  1. Wichtige Fachkräfte:
    • Bauingenieure, spezialisiert auf Brückenkonstruktion und -wartung.
    • Risikomanager, die die Sicherheit von Bauwerken überwachen und bewerten.
  2. Wissenstransfer:
    • Essenziell für die Prävention von Brückeneinstürzen ist der Austausch von Best Practices und Forschungsergebnissen. Dies stellt vor allem eine Herausforderung, da sich die Bau Praktiken in der Vergangenheit verändert haben. Bei der Erhaltung werden Brücken neu bemessen, die nach anderen Kriterien erstellt worden sind. Die Berücksichtigung und das Verständnis alter Bautechniken und Normen ist wichtig um heutige Normen bezüglich der Erhaltung richtig zu interpretieren. Eine gute Zusammenarbeit zwischen akademischen Institutionen, Ingenieuren und Regierungsbehörden ist wichtig.
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