mit Dr. Yves Reuland
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Zusammenfassung
Der Einsturz der Morandi-Brücke (Viadotto Polcevera) in Genua im August 2018 führte zu erheblichen psychologischen und praktischen Konsequenzen für die Stadt und verursachte 43 Todesfälle. Die Brücke, entworfen von Riccardo Morandi und eröffnet 1967, war eine Schrägseilbrücke. Die Ursachen des Einsturzes lagen hauptsächlich in der Materialverschlechterung, insbesondere der Korrosion der Schrägseile, die durch die Betonummantelung schwer zu erkennen war. Die Brücke wurde von der Börsennotierten Firma Atlantia betrieben, was finanzielle und politische Herausforderungen für die Instandhaltung mit sich brachte. Eine systematische und vorausschauende Instandhaltung durch moderne Technologien und die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Akteuren, um zukünftige Katastrophen zu verhindern werden diskutiert.
Einführung in die Morandi Brücke und ihre Struktur
Die Morandi-Brücke, auch bekannt als Viadotto Polcevera, wurde 1967 eröffnet und von dem bekannten Architekten Riccardo Morandi entworfen. Es handelt sich um eine Schrägseilbrücke, die aus drei Hauptpylonen und mehreren Schrägseilen besteht, die die Fahrbahn tragen. Die spezielle Konstruktion der Brücke sollte die vertikalen Lasten des Verkehrs aufnehmen und gleichzeitig den Einfluss der horizontalen Kräfte neutralisieren. Zusätzlich verfügte die Brücke über eine Gerber-Struktur, die zwischen den Pylonen verläuft und die Brücke trägt.
Der Einsturz und seine unmittelbaren Folgen
Der Einsturz der Morandi-Brücke im August 2018 führte zu erheblichen psychologischen und praktischen Konsequenzen für die Einwohner von Genua. Viele verspürten Angst vor dem Überqueren anderer Brücken, während die Umleitung des Verkehrs zu massiven Staus und einem erhöhten CO2-Ausstoß führte. Der Einsturz verursachte nicht nur 43 Todesfälle, sondern brachte auch erhebliche logistische Herausforderungen mit sich, da eine wichtige Verkehrsader plötzlich wegfiel.
Mögliche Ursachen des Einsturzes
Der Einsturz der Morandi-Brücke lässt sich auf drei Hauptursachen zurückführen: außergewöhnliche Lasten, Materialverschlechterung und unzureichende Bemessung. Die wahrscheinlichste Ursache war die Materialverschlechterung, insbesondere die Korrosion der Schrägseile, die durch die Betonummantelung verdeckt war. Diese Konstruktion erschwerte die Inspektion und Erkennung von Schäden. Bereits in den 1990er Jahren wurden Probleme erkannt und teilweise behoben, jedoch nicht umfassend genug, um den Einsturz zu verhindern.
Einsatz von Structural Health Monitoring (SHM)
Zur Überwachung und Inspektion der Brücke wurden verschiedene Methoden eingesetzt, darunter Schwingungsmessungen und Structural Health Monitoring (SHM). Diese Technologien ermöglichen eine kontinuierliche Überwachung der Struktur und können Veränderungen in der Eigenfrequenz der Schrägseile erkennen, was auf mögliche Schäden hinweist. Die Polytechnische Universität Mailand führte solche Messungen durch und entdeckte Unregelmäßigkeiten, die auf Korrosion und Ermüdung hinwiesen. SHM ist entscheidend, um schnelle und präzise Daten zu erhalten, die helfen können, rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen.
Privatisierung, politische Einflüsse und zukünftige Ansätze
Die Morandi-Brücke wurde von der Firma Atlantia, ehemals Autostrade per l’Italia, betrieben. Diese private Firma war für die Instandhaltung verantwortlich, stand aber auch unter dem Druck, Gewinne zu erzielen. Die Finanzierung durch verschuldungsbasierte Modelle (Leveraged Buyouts) erhöhte den finanziellen Druck zusätzlich.
Es besteht eine dringende Notwendigkeit für eine systematische und vorausschauende Instandhaltung, die durch die Integration moderner Technologien wie SHM und bessere Entscheidungsfindungsprozesse unterstützt wird. Eine Kombination aus visuellen Inspektionen, zerstörungsfreier Prüfung und kontinuierlicher Überwachung ist notwendig, um die Sicherheit von Brücken zu gewährleisten. Die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Akteuren sowie die Nutzung von Satellitendaten und künstlicher Intelligenz könnten dazu beitragen, zukünftige Katastrophen zu verhindern und eine nachhaltigere Instandhaltung zu fördern.